Beflaggung versäumt – Ärger mit Vorgesetztem
Leserfragen: Ein Hausmeister erhielt eine Abmahnung, weil er versäumte, eine wichtige Aufgabe von seiner Vertretung ausführen zu lassen. Ist dieses Vorgehen trotzdem rechtmäßig?
Am Volkstrauertag, am Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) oder auch an anderen gesellschaftlich relevanten Trauerjubiläen wird in vielen Kommunen vor Dienstgebäuden auf Halbmast beflaggt. Im Normalfall kümmert sich ein Hausmeister oder jemand anderer, der dazu eingeteilt wird, darum.
Hierzu schrieb uns ein Leser:
„Zunächst der Hinweis, zum neuen Bürgermeister und Chef habe ich kein besonders gutes Verhältnis. Vielleicht ist auch das der Grund für die Abmahnung wegen nicht Beflaggung am Volkstrauertag. Im Einvernehmen mit der Schulleitung habe ich von Mittwoch bis Dienstag (rund um den Volkstrauertag) Überstunden abgefeiert. Vergessen habe ich, meine Stellvertreterin zu informieren und anzuweisen, dass am Volkstrauertag auf Halbmast beflaggt werden muss. Nun habe ich eine Abmahnung erhalten, weil ich eine wichtige Dienstaufgabe nicht wahrgenommen habe. Ich habe mich über den Personalrat beschwert und nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Widerspruch gegen diese Abmahnung eingelegt. Wie beurteilen Sie meine Situation?“
Hausmeister-Infos.de antwortet:
So „alltäglich anmutende und regelmäßig wiederkehrende Ereignisse“ werden öfters nur noch oberflächlich wahrgenommen und entsprechend ohne aktuelle Organisationsansage umgesetzt. Bei Personalwechsel oder kurzfristigen Personalausfällen kann dann leicht eine sonst tadellose Umsetzung ins Wackeln oder in Vergessenheit geraten. Deshalb veröffentlichen wir hier den gesamten Gesetzestext der Beflaggungsvorschriften, die auch für Kommunen (Körperschaft) gelten und gehen danach auf die örtlichen Organisationsgepflogenheiten ein:
Erlass der Bundesregierung über die Beflaggung der Dienstgebäude des Bundes vom 22. März 2005
I. Anwendungsbereich
(1) Die Vorschriften dieses Erlasses gelten für die Beflaggung der Dienstgebäude aller Behörden und Dienststellen des Bundes sowie der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht von Bundesbehörden unterstehen. Die besondere Regelung der Flaggenführung des Bundespräsidenten bleibt unberührt.
(2) Zu beflaggen sind sämtliche Dienstgebäude und darüber hinaus die Anlagen und Einrichtungen der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse. Wie die Dienstgebäude sind auch diejenigen Teile anderer Gebäude zu beflaggen, in denen sich Räume einer Dienststelle befinden. Sind in einem Dienstgebäude mehrere Behörden oder Dienststellen des Bundes untergebracht, so obliegt die Beflaggung der Behörde, die das Gebäude verwaltet.
(3) Die Beflaggung von Gebäuden und Gebäudeteilen nach Absatz 2 kann unterbleiben, soweit es sich handelt:
- a) um Nebengebäude und selbständige Gebäude von untergeordneter Bedeutung,
- b) um Gebäude und Gebäudeteile, die zur Beflaggung nicht geeignet sind,
- c) um Gebäude und Gebäudeteile, die zum Wohnen und zu anderen nichtdienstlichen Zwecken bestimmt sind, auch wenn sie zur Erledigung von Dienstgeschäften mitbenutzt werden;
ferner, wenn auf dem Dienstgrundstück ein besonderer Flaggenmast errichtet ist und dort geflaggt wird.
II. Regelmäßige allgemeine Beflaggungstage
(1) Ohne besondere Anordnung ist an folgenden Tagen zu flaggen:
- a) am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar)
- b) am Tag der Arbeit (1. Mai)
- c) am Europatag (9. Mai)
- d) am Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes (23. Mai)
- e) am Jahrestag des 17. Juni 1953
- f) am Jahrestag des 20. Juli 1944
- g) am Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober)
- h) am Volkstrauertag (2. Sonntag vor dem 1. Advent)
- i) am Tag der Wahl zum Deutschen Bundestag sowie
- j) am Tag der Wahl zum Europäischen Parlament.
(2) Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus und am Volkstrauertag ist halbmast zu flaggen.
(3) Die Dienstgebäude der obersten Bundesbehörden in Berlin und Bonn werden täglich beflaggt.
III. Beflaggungsanordnungen aus besonderen Anlässen
(1) Eine Beflaggung der unter Abschnitt I Abs. 1 und 2 bezeichneten Gebäude, Anlagen und Einrichtungen in Abweichung von der Regelung in Abschnitt II wird vom Bundesministerium des Innern angeordnet, gegebenenfalls im Einvernehmen mit den zuständigen Fachministerien. In Fällen von besonderer Bedeutung entscheidet die Bundesregierung.
(2) Trauerbeflaggung aus Anlass des Ablebens eines ausländischen Staatsoberhauptes ordnet das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt für die obersten Bundesbehörden in Berlin und Bonn für den Tag der offiziellen Trauerfeierlichkeiten an.
Trauerbeflaggung aus Anlass des Ablebens eines in Deutschland akkreditierten Botschafters ordnet das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt für das Auswärtige Amt in Berlin und Bonn für den Tag der Überführung in das Heimatland an.
(3) Aus einem Anlass, der nur eine einzelne Verwaltung berührt, kann die zuständige Stelle dieser Verwaltung für ihre Gebäude die Beflaggung anordnen.
IV. Zu setzende Flaggen
(1) Wenn nach Abschnitt II oder III zu flaggen ist, so setzen
- a) alle Behörden und Dienststellen des Bundes, auch die Bundesagentur für Arbeit, die Bundesdienstflagge und – sofern die technischen Voraussetzungen gegeben sind – die Europaflagge;
- b) die übrigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die Bundesflagge und – sofern die technischen Voraussetzungen gegeben sind – die Europaflagge.
(2) Über die Berechtigung zur Führung der Bundesdienstflagge entscheidet bei Zweifeln die zuständige oberste Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern.
(3) Bei regionalen und örtlichen Anlässen dürfen neben den in Absatz 1 bezeichneten Flaggen auch die Flaggen der Länder der Bundesrepublik Deutschland und der Gemeinden (Gemeindeverbände) gesetzt werden.
(4) Andere als die in den Absätzen 1 und 3 bezeichneten Flaggen dürfen nur mit Genehmigung des Bundesministeriums des Innern gesetzt werden. Ob bei besonderen Anlässen auch Flaggen ausländischer Staaten und anderer Hoheitsgebiete sowie Flaggen internationaler und überstaatlicher Organisationen gesetzt werden, entscheidet das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, für den Bereich der Bundeswehr – wenn es sich um rein militärische Anlässe handelt – das Bundesministerium der Verteidigung.
V. Art der Beflaggung
(1) Zu flaggen ist an senkrecht stehenden Flaggenmasten. Nur soweit dies nicht möglich ist, können waagerecht oder schräg stehende Flaggenstöcke verwendet werden. Zur Beflaggung sollen Flaggen verwendet werden, die am Flaggenmast oder Flaggenstock aufgezogen und niedergeholt werden können. Zulässig ist die Verwendung der in der Anordnung über die deutschen Flaggen vom 13. November 1996 (BGBl I, S. 1729) beschriebenen Formen der Bundesdienstflagge oder der Bundesflagge.
(2) Der Europaflagge und der Bundesdienstflagge oder der Bundesflagge gebühren, wenn daneben andere nach Abschnitt IV Abs. 3 zugelassene Flaggen gesetzt werden, die bevorzugten Stellen an der linken Seite von außen auf das Gebäude, die Anlage oder Einrichtung gesehen.
Sollen auch nach Abschnitt IV Abs. 4 zugelassene Flaggen gesetzt werden, so gilt – von der bevorzugten Stelle aus gesehen – folgende Reihenfolge:
- a) Flaggen internationaler und überstaatlicher Organisationen
- b) Flaggen ausländischer Staaten und anderer Hoheitsgebiete in alphabetischer Reihenfolge der amtlichen deutschen Kurzbezeichnung ausländischer Staatennamen
- c) Bundesdienstflagge oder Bundesflagge
- d) Flaggen der Länder der Bundesrepublik Deutschland in alphabetischer Reihenfolge
- e) Flaggen der Gemeinden (Gemeindeverbände).
(3) Die Größe der Flaggen muss in einem angemessenen Verhältnis zur Größe des beflaggten Gebäudes und des Flaggenmasts stehen. Sind an einem Gebäude mehrere Flaggen gesetzt, so sollen sie gleich groß sein.
(4) Werden bei Trauerbeflaggung die Bundesdienstflagge oder die Bundesflagge auf halbmast gesetzt, so ist auch die Europaflagge auf halbmast zu setzen. Flaggen anderer überstaatlicher und internationaler Organisationen, ausländischer Staaten und anderer Hoheitsgebiete bleiben davon ausgenommen.
Bei Trauerbeflaggung werden die Flaggen zunächst voll gehisst und unmittelbar anschließend auf Halbmast gesetzt. Soweit Flaggen nicht auf Halbmast gesetzt werden können, sind sie mit einem Trauerflor zu versehen.
(5) Die Beflaggung beginnt bei Tagesanbruch, jedoch nicht vor 7 Uhr, und endet bei Sonnenuntergang.(6) Erstreckt sich die Beflaggung über mehrere Tage, so sind die Flaggen bei Sonnenuntergang einzuholen und am Morgen wieder zu hissen.
(7) Werden Flaggen angestrahlt, können sie auch nach Sonnenuntergang gesetzt bleiben.
VI. Mitteilung der Beflaggung
(1) Beflaggungsanordnungen aus besonderen Anlässen nach Abschnitt III Abs. 1 und 2 teilt das Bundesministerium des Innern den übrigen Bundesministerien mit, die – soweit erforderlich – die Behörden und Dienststellen sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ihres Geschäftsbereichs benachrichtigen. Es verständigt den Chef des Bundespräsidialamtes, den Präsidenten des Deutschen Bundestages, den Präsidenten des Bundesrates, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, den Präsidenten des Bundesrechnungshofes und den Präsidenten der Deutschen Bundesbank.
(2) Soll auf ein gleichmäßiges Vorgehen der Landes- und Kommunalbehörden hingewirkt werden, verständigt das Bundesministerium des Innern die Landesregierungen und ihre Vertretungen beim Bund.
VII. Ausnahmebestimmungen
(1) Die Neue Wache Berlin als Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland ist täglich mit der Europaflagge, der Bundesflagge und der Flagge des Landes Berlin zu beflaggen. Bei einer Beflaggung aus besonderem Anlass nach Abschnitt III sind daneben weitere Flaggen zu setzen.
(2) Die Vorschriften über die Beflaggung der Dienstgebäude, Anlagen und Einrichtungen der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes bleiben von den Bestimmungen unter Abschnitt V Abs. 1, 3 bis 5 unberührt. Das Bundesministerium des Innern kann für den Bundesgrenzschutz, das Bundesministerium der Verteidigung für die Bundeswehr die tägliche Beflaggung anordnen.
(3) Die Beflaggung der deutschen Dienstgebäude im Ausland regelt das Auswärtige Amt.
VIII. Schlussbestimmungen
Dieser Erlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Gleichzeitig tritt der Erlass der Bundesregierung über die Beflaggung der Dienstgebäude des Bundes vom 23. Mai 2000 (BAnz. S. 11621) außer Kraft.
Berlin, den 22. März 2005 Der Bundeskanzler Gerhard Schröder Der Bundesminister des Innern Otto Schily
Kommunale Anwendungsbereiche
Zunächst sind die Anwendungsbereiche (Abs. I) in der jeweiligen Kommune zu klären: „Dienstgebäude aller Behörden und Dienststellen des Bundes sowie der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts“. Unstrittig sind hier im kommunalen Bereich die Dienstgebäude wie Landratsämter und Rathäuser betroffen. Eine private Schule ist keine Dienststelle des Bundes oder einer Körperschaft, aber sie kann durchaus eine „Stiftung des öffentlichen Rechts“ sein, und damit haben wir bereits eine enge Linie zu den öffentlichen Schulen gezogen. Schulen nehmen öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr und sind in gewissen Umfang auch Teil des staatlichen Rechts- und Gewaltmonopol. Also unserer Einschätzung nach ist bei öffentlich-rechtlichen Schulen eine Beflaggungspflicht im Sinne dieses Gesetzes gegeben.
Örtliche Regelungen beachten
Die Umsetzung dieser Beflaggungs-Aufgabe ist unterschiedlich geregelt. Teilweise übernimmt zum Beispiel der Bauhof zentral die Flaggenaufbewahrung und Beflaggung, und teilweise befinden sich Aufbewahrung und Beflaggungsaufgabe dezentral bei jedem Gebäude. Aber überall sollten nicht nur die Gebäudeverwaltung und Dienstherr sondern auch das Hausmeisterpersonal über die örtlich praktizierte Beflaggung informiert sein. Und es ist sicher auch eine Aufgabe, dass Aushilfen und Stellvertretungen entsprechend informiert werden (schriftlich).
Bei örtlichen Ereignissen wie zum Beispiel Dorf- und Kirchenfesten, Vereinsjubiläen oder Bürgermeisterwahlen gilt diese auf dem Dienstweg zu vollziehende Anweisung entsprechend.